Diesel und drohende Fahrverbote – Fragen und Antworten

Der Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes hat Fragen und Antworten zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 27. Februar 2018 zusammengestellt

Bedeutet das Urteil ein sofortiges Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge in Deutschland?

Nein! Das Urteil besagt in diesem Zusammenhang lediglich, dass Verkehrsverbote von den Kommunen angeordnet werden können, ohne dass es einer bundesrechtlichen Regelung dazu bedarf.

Müssen Kommunen jetzt Verkehrsverbote anordnen?

Nein! Das Gericht hat lediglich festgestellt, dass die Anordnung von Verkehrsverboten für die Kommunen eine Option darstellt – alle Kommunen sind nach Europäischem und Bundes-Recht verpflichtet, durch die in Luftreinhalteplänen enthaltenen geeigneten Maßnahmen den Zeitraum einer Überschreitung der seit 1. Januar 2010 geltenden Grenzwerte für Stickoxide (NOx) so kurz wie möglich zu halten.

Können Kommunen ohne weiteres nunmehr Verkehrsverbote anordnen?

Nein! Das Gericht hat dazu klar festgestellt, dass die Anordnung eines Verkehrsverbots generell mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stehen muss.

Was bedeutet Verhältnismäßigkeit in diesem Fall?

Laut dem Urteil darf ein Verkehrsverbot für Diesel-Kraftfahrzeuge nur dann angeordnet werden, wenn dies die einzige geeignete Maßnahme ist, den Zeitraum einer Nichteinhaltung der NOx-Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten.

Beispiele, bezogen auf Stuttgart und Düsseldorf: Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht in Stuttgart hatte festgestellt, dass ein Verkehrsverbot für Diesel-Fahrzeuge unterhalb Euro 6 und Otto-Fahrzeuge unterhalb Euro 3 in der Umweltzone eine geeignete Luftreinhaltemaßnahme darstellt. Das Bundesverwaltungsgericht hingegen hält dies nicht für verhältnismäßig. Ein Verkehrsverbot in Stuttgart ist auch dort nur dann zulässig, wenn es nach Prüfung als die einzige geeignete Maßnahme übrig bleibt, und dann auch nur in abgestufter Form. In der ersten Stufe kommt ein Fahrverbot nur für ältere Diesel-Fahrzeuge in Betracht (etwa bis Euro 4). Ein Verkehrsverbot für Euro 5 – Fahrzeuge kommt nicht vor dem 01.09.2019 in Betracht. Ferner müssen hinreichende Ausnahmen für Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen geschaffen werden.

Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht in Düsseldorf hatte festgestellt, dass Maßnahmen zur Begrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen im Rahmen der Erarbeitung des Luftreinhalteplanes nicht ernsthaft in den Blick genommen worden sind. Das Bundesverwaltungsgericht stellt dazu fest, dass eine Prüfung von Verkehrsverboten in diesem Sinne nachzuholen ist, ein Verkehrsverbot aber nur dann tatsächlich angeordnet werden darf, wenn die Prüfung ergibt, dass sich Verkehrsverbote für Diesel-Kraftfahrzeuge als die einzig geeigneten Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NOx-Grenzwerte darstellen und sich diese Maßnahmen als verhältnismäßig darstellen.

Wäre eine Blaue Plakette nicht die beste Lösung, um Fahrverbote kontrollieren zu können?

Das Kfz-Gewerbe spricht sich klar gegen Fahrverbote aus. Eine weitere Kennzeichnung gleich welcher Art würde alle Autofahrer mit Diesel-Fahrzeugen ab Schadstoffklasse Euro 5 abwärts stigmatisieren und das Problem nicht lösen. Sowohl den Haltern von Dieselfahrzeugen als auch dem Automobilhandel mit seinen mehreren hunderttausend unverkäuflichen Diesel-Gebrauchtwagen drohen dadurch enteignungsgleiche Eingriffe. Millionen Dieselbesitzer, aber auch Handwerker mit ihren oft noch jungen Diesel-Flotten müssen nun die Zeche für die Verweigerungshaltung der Hersteller bezahlen. Bevor Diesel aus den Innenstädten ausgesperrt werden, müssen die Kommunen alle möglichen Register ziehen, um Fahrverbote zu vermeiden. Dazu ist die massive Unterstützung der Politik auf Bundes- und Landesebene notwendig.

Welche Möglichkeiten haben Autofahrer etwa mit Euro 5-Dieseln, um mit ihren Fahrzeugen auch in möglichen Fahrverbotszonen weiter unterwegs sein zu können?

Das Kfz-Gewerbe spricht sich ausdrücklich für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen mit stickoxidreduzierender Abgasreinigungstechnik aus. Dass dies technisch möglich ist und den Stickoxidausstoß drastisch reduziert, haben Tests des ADAC in Baden-Württemberg soeben erneut eindrucksvoll bewiesen. Würden sich die Fahrzeughersteller dem nicht massiv widersetzen, hätten schon längst Lösungen erzielt werden können.

Wer soll für die Nachrüstung bezahlen?

Ein wirksamer Anreiz für die Fahrzeughalter ist die Förderung der Nachrüstung aus einem Fonds, der sich zum einen aus öffentlichen Mitteln speist. Zum anderen sehen wir die Automobilhersteller in der zumindest moralischen Pflicht, gleichfalls Mittel für die Nachrüstung ihrer Produkte beizusteuern. Zudem müssen die Autofahrer Gewissheit haben, dass die nachgerüsteten Dieselfahrzeuge jetzt und in Zukunft von etwaigen Verkehrsbeschränkungen auf kommunaler wie nationaler Ebene verschont bleiben. Im Interesse einer breiten Umsetzung der Nachrüstung muss gewährleistet sein, dass der Fahrzeughalter unter dem Strich den geringeren Teil der Kosten für die Nachrüstung seines Dieselfahrzeugs selbst zu tragen hat.