Autohaus Wagner schließt Ende des Jahres für immer

Nach rund 70 Jahren hat der Betrieb keine wirtschaftliche Perspektive mehr

„Nein, wir sind nicht pleite. Die Liquidität ist gesichert, wir wollen allerdings eine Insolvenz vermeiden“, so Ulrike Escherle. Sie ist die geschäftsführende Gesellschafterin von Auto-Wagner, Tochter des langjährigen Geschäftsführers Manfred Wagner und Enkelin des Firmengründers August Wagner. Und so schließt 70 Jahre, nachdem August Wagner den ersten Händlervertrag mit Ford unterzeichnet hatte, das Wieslocher Autohaus zum 31. Dezember 2021 seine Tore für immer.

Am Montag, 9. August, wurde der Belegschaft die traurige Nachricht verkündet. Ulrike Escherle und die Geschäftsführerin und kaufmännische Leiterin Karin Baumann teilten den Mitarbeitern des Autohauses dies im Rahmen einer Betriebsversammlung mit.

Die über 40 festangestellten Arbeitnehmer sowie die geringfügig Beschäftigten erhalten noch in diesem Monat die Kündigung. Zusammen mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall wurde in den vergangenen Wochen ein großzügiger Sozialplan aufgestellt, der die Nöte der Belegschaft finanziell etwas auffangen und abmildern soll.

Doch wie konnte es soweit kommen?

Die Autobranche gestaltete sich in der jüngeren Vergangenheit immer schwieriger. Zuerst wurde der Autohandel von der Dieselkrise getroffen. Autos mit Dieselmotor, die bei den Händlern auf dem Hof standen, ließen sich nur mit großen Abschlägen verkaufen, was auch bei Auto-Wagner entsprechend tiefe Spuren in der Bilanz hinterließ.

Dann folgte die Corona-Pandemie mit zwei mehrmonatigen Lockdowns, die einen massiven Einbruch bei den Autoverkäufen zur Folge hatte. Bei Auto-Wagner war auch die Werkstatt betroffen. Bei vielen Firmen saßen die Mitarbeiter im Home-Office, fuhren wenig Auto. Wartungen waren nicht nötig, Schäden kamen seltener vor: Ein Großteil der Autohaus-Mitarbeiter musste in Kurzarbeit geschickt werden.

Die Lockdowns sind inzwischen vorbei, das Konsumklima hat angezogen, auch die Nachfrage nach Neufahrzeugen ist gestiegen. Doch Ford kann nicht liefern – es fehlen die nötigen Halbleiter-Chips für die Fahrzeuge. „Wir haben Lieferzeiten für manche Modelle von 8 bis 10 Monaten“, so Ulrike Escherle. Es kommen zwar immer mal wieder Autos, aber nur ein Bruchteil dessen, was verkauft werden könnte. „Und das wird im kommenden Jahr nicht besser werden.“

„Unser Hauptgeschäft ist der Handel mit Neufahrzeugen, da verdienen wir unser Geld. Wir könnten verkaufen, der Hersteller kann aber nicht liefern, und wir können keinen Umsatz machen. Unsere Kosten laufen aber weiter: Personal, allgemeine Betriebskosten. Das geht auf Dauer schief“, meint die geschäftsführende Gesellschafterin.

Dazu kommt noch, dass der Autohersteller Ford seinen Händlern die Margen reduziert, insbesondere bei den E-Modellen, und aus Sicht der Auto-Wagner-Geschäftsführerin eine unglückliche Produktpolitik fährt. Manche Modelle in Segmenten, die stark nachgefragt werden, fehlen im Sortiment. „Und als Tipp bekommen wir, dem Kunden, der eine genaue Vorstellung hat, was er möchte, halt ein anderes Modell zu verkaufen. Das funktioniert so nicht“, so Escherle.

Nach nun zwei massiv schlechten Jahren in Folge, geprägt von Diesel- und Corona-Krise, sieht die geschäftsführende Gesellschafterin keinen Silberstreifen am Horizont: „Wir können für die nächsten Jahre kein positives Szenario abbilden, das eine rentable Fortführung des Unternehmens ermöglicht“. Und um eine Insolvenz zu vermeiden ist die Schließung der Firma der logische Schritt. „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“, so Ulrike Escherle.

In den vergangenen Monaten wurde von der Geschäftsleitung nach einer zukunftsträchtigen Lösung und einem Investor Ausschau gehalten. Es gab weit fortgeschrittene und hoffnungsvolle Verhandlungen mit der Emil-Frey-Gruppe (Schwabengarage), die im Frühjahr kurz vor dem Abschluss standen, aber am Ende doch scheiterten. Weitere Verhandlungen mit der AVAG-Gruppe in Augsburg verliefen ebenfalls im Sande, sodass die Betriebsschließung aus Sicht der Geschäftsführung unausweichlich ist.

Das Team von Auto-Wagner steht den Kunden bis zum 31.12.2021 mit der gewohnten Service-Qualität zur Verfügung. Ab Januar 2022 beginnt die Abwicklung des Unternehmens.